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"Holen Sie sich die Gaststätte in die Stube"

Lokale sind zu. Den Betrieb trotzdem am Laufen zu halten, um zu überleben, ist schwer für die Gastronomen im Südkreis. Einige entdecken ein neues Geschäft.

Von Holger Gutte
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Der Wirt der "Seeger Schänke" in Zittau hat einen Abhol- und Lieferservice eingerichtet.
Der Wirt der "Seeger Schänke" in Zittau hat einen Abhol- und Lieferservice eingerichtet. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Sonst kommen seine Gäste eigentlich zu ihm - jetzt kehrt André Matthausch den Spieß um. Der Gastwirt der "Seeger Schänke" in Zittau liefert das Essen frei Haus. Weil er, wie alle Gastronomen, seine Gaststätte schließen musste, hat er einen Liefer- und Abholservice eingerichtet.

Wer möchte, kann sich das Essen auch bei der Gaststätte abholen. Rein darf niemand. Der Gastwirt bringt die bestellten Gerichte vor die Tür. 

"Am Wochenende ist das sehr gut angenommen worden", sagt er. André Matthausch bietet dabei die Gerichte seiner kompletten Speisekarte an. Die Karte steht auf der Homepage seiner Gaststätte. Bestellt werden kann telefonisch. 

"Logistisch ist das für uns eine große Herausforderung. Aber wir wollten eben nicht nur Pizza und Schnitzel anbieten", sagt er. André Matthausch arbeitet jetzt nach dem Motto: "Wenn Sie schon nicht zu uns kommen können, dann holen Sie sich die Seeger Schänke in ihre Wohnstube."

Alle Mitarbeiter ziehen mit

"Meine Gäste sollen es sich gemütlich machen. Wir sind weiterhin für sie da", erzählt er. Telefonisch sollte mindestens eine Stunde vorher bestellt werden. Die Gerichte gibt es zu den gleichen Preisen, wie in der Gaststätte. Allerdings müssen mindestens zwei bestellt werden, damit sich der Aufwand lohnt. Geliefert hat die "Seeger Schänke" bisher bis Großhennersdorf und Großschönau.

André Matthausch hat sich gefreut, dass er trotz Corona-Auflagen für eine Hochzeit kochen konnte. Das Brautpaar wollte bei ihm feiern. Das ging nun nicht mehr. Die Feier fand im kleinen Rahmen zu Hause statt - mit den Gerichten der  "Seeger Schänke". 

Die Umsatzzahlen des sonst üblichen Gaststättenbetriebes werden so natürlich trotzdem nicht erreicht. André Matthausch hat für alle drei festangestellten Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Sie wechseln sich mit der Arbeit ab. "Ich habe unseren Liefer- und Abholservice vorher mit meinen Mitarbeitern besprochen. Alle wollten das. Sie ziehen mit und wollen die Seeger Schänke nicht sterben lassen", schildert er. 

Und André Matthausch denkt schon an die Zeit nach Corona. "Wenn das alles hier vorbei ist. Dann machen wir eine große Gartenparty", sagt er.

Wurst wird bis Berlin und Oberhausen verschickt

Mit einer ganz besonderen Aktion macht seit Freitag die Landfleischerei & Catering Karl Herzog in Spitzkunnersdorf auf sich aufmerksam. Bei ihr gibt es nun für jeden Einkauf eine Rolle Klopapier gratis dazu. 

"Wir wollen die Kunden zum Nachdenken anregen", sagt Juniorchef Sebastian Herzog. Er will damit darauf aufmerksam machen, dass neben den großen Märkten auch kleine Lebensmittel-Läden, wie seine Fleischerei, geöffnet haben. 

Trotz Gratis-Klopapier merkt er aber, dass die Leute dennoch größtenteils in die Supermärkte fahren. "Dort bekommen sie eben alles, was sie brauchen, auf einem Schlag. Wir kämpfen dagegen um jeden Kunden", sagt er.

Andreas Wagner von der Naturparkfleischerei Wagner in Mittelherwigsdorf liefert jetzt verstärkt Mittagessen an Privathaushalte aus.
Andreas Wagner von der Naturparkfleischerei Wagner in Mittelherwigsdorf liefert jetzt verstärkt Mittagessen an Privathaushalte aus. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Sebastian Herzog von der Landfleischerei & Catering Karl Herzog in Spitzkunnersdorf hat ebenfalls seinen Abhol- und Lieferservice ausgebaut.
Sebastian Herzog von der Landfleischerei & Catering Karl Herzog in Spitzkunnersdorf hat ebenfalls seinen Abhol- und Lieferservice ausgebaut. © xcitepress

Einen Lieferservice außer Haus bietet die Landfleischerei schon immer an. Jetzt ist er verstärkt worden. Wir verpacken und verschweißen im Moment gerade viel, um es zu unseren Kunden zu schicken. Manche bestellen auch Wurst in Gläsern", schildert der Fleischermeister. Herzogs Wurstspezialitäten werden derzeit bis nach Berlin und Oberhausen verschickt. Das passiert sonst nur zur Weihnachtszeit.

Um 20 Prozent ist dieser Lieferservice momentan gestiegen. Dafür ist das große Cateringgeschäft, weil es keine Messen und Veranstaltungen mehr gibt, auf Null gesunken.

Weil Markttage ausfallen, liefert Kummer bis zur Haustür

Auch die Fleischerei Kummer in Zittau bietet nun von Montag bis Freitag einen Lieferservice für Senioren und hilfsbedürftige Menschen nach Hause an. In Zittau und einem Umkreis von fünf Kilometern ist der kostenlos. Bei einer Entfernung ab fünf bis 15 Kilometer kommen fünf Euro Fahrt- und Personalkosten dazu, wenn die Bestellung unter 20 Euro liegt. Bestellungen sind am Vortag bis 15 Uhr unter 03583 704072 möglich.

Mitarbeiterin Sindy Rudolph ist mit dem Verkaufswagen der Fleischerei, wie gewohnt, in Jonsdorf, Olbersdorf, Hirschfelde, Ostritz, Waltersdorf, Bertsdorf und Kittlitz unterwegs. Die Aktion "Wurst auf Rädern" kommt gut an. 

Weil aber die Wochenmärkte in Hirschfelde, Ostritz und Olbersdorf nicht mehr stattfinden dürfen, hat sich die Fleischerei Kummer etwas Besonders ausgedacht. "Die Kunden können am Vortag der gewohnten Markttage bei uns anrufen und wir packen Pakete für sie ", verrät Corinna Kummer.

Die Pakete liefert Sindy Rudolph mit ihrem Verkaufswagen bis vor die Haustür. Sie nimmt unter 0170 9646091 ebenfalls Bestellungen entgegen.

Naturparkfleischerei Wagner setzt auf Lieferservice

Drei verschiedene Essen täglich gibt es auch bei der Naturparkfleischerei Wagner in Mittelherwigsdorf über den Lieferservice. In den vergangenen zwei Wochen hatte bei Fleischermeister Andreas Wagner das Ladengeschäft etwas zugenommen. "Aber seit dem Aufenthaltsverbot sind es schlagartig weniger Kunden geworden", erzählt er. 

Seine Mitteilung an die Eltern, deren Kinder er an einer Grundschule und Kitas  mit Mittagessen beliefert, hat jetzt für einigen Unmut gesorgt. Bisher war er mit dem Zubereiten des Essens in Vorleistung gegangen. Jetzt hat er den Abrechnungsmodus geändert. Das Essengeld von 40 Euro für April wird demnach schon im März fällig.

"Der Elternbrief ist zu einem ungünstigen Zeitpunkt rausgegangen. Ich habe ja nicht gewusst, wie lange die Schulen schließen. Selbstverständlich werden die nicht  genutzten Tage gut geschrieben", sagt er.

"Für einen Catering-Service sind wir nicht ausgestattet", schildert dagegen die Wirtin vom "Eulkretscham" in Herrnhuts Ortsteil Euldorf, Juliane Riedel. Ihr geht es dabei wie vielen anderen Gastwirten. "Aber wir überlegen gerade, ob wir unseren  Kunden, die für Ostern bei uns reserviert haben, einen Lieferservice anbieten", sagt sie.  Würde das gut angenommen, könnte das sogar zu den Feiertagen für andere Kunden ausgeweitet werden.

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